Planetary Health Diet – Die Ernährung der Zukunft?

Der Begriff „Planetary Health Diet“ (PHD), eine weltweite Referenzernährung, ist in aller Munde und begegnet uns immer öfter in den Medien. Doch was steckt hinter diesem Konzept, wie setzt sich die PHD zusammen und welche Bedeutung hat sie für die Gemeinschaftsverpflegung?

 

Was ist die Planetary Health Diet?

Die Planetary Health Diet zeigt eine gesundheitsfördernde Ernährungsweise auf, die die planetaren Grenzen einhält. Das heißt, dass mit dieser Ernährungsweise nicht nur eine zukünftige Weltbevölkerung von 10 Mrd. Menschen im Jahre 2050 innerhalb der ökologischen Belastungsgrenze der Erde versorgt, sondern auch weltweit etwa 11 Mio. vorzeitige Todesfälle pro Jahr verhindert werden können.
Die Planetary Health Diet wurde 2019 von der EAT-Lancet-Kommission anhand einer Literaturrecherche entwickelt. Der Kommission gehören 37 Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Disziplinen und 16 Ländern an, darunter z. B. Klimaforscher*innen und Ernährungswissenschaftler*innen. Berücksichtigt wird in diesem Konzept kein spezifisches Land, sondern die Ernährungs- und Gesundheitssituation in „low“, „middle“ und „high income“ Ländern. Die Planetary Health Diet beinhaltet Strategien für Landwirtschaft und Ernährung, die gleichermaßen die Gesundheit von Mensch und Erde berücksichtigen. Der Fokus liegt auf einer pflanzenbasierten Ernährung. Die Planetary Health Diet ist keine Ernährungsempfehlung im engeren Sinne, sie bietet lediglich einen Rahmen zur Orientierung. Daher ist eine Anpassung der darin aufgeführten Lebensmittelauswahl und Mengenangaben an die Esskulturen der Länder sowie an die lokal vorhandenen Ressourcen notwendig.

Mit welchen Parametern werden die planetaren Grenzen definiert?

Die planetaren Grenzen beschreiben die ökologischen Belastungsgrenzen der Erde, die dem Menschen einen sicheren Handlungsspielraum ermöglichen, ohne die Stabilität des natürlichen Ökosystems zu gefährden. Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler*innen vom Stockholmer Resilience Centre hat die planetaren Grenzen definiert und sechs Parameter für die Lebensmittelproduktion festgelegt:

  • Treibhausgasemissionen
  • Stickstoffkreislauf
  • Phosphorkreislauf
  • Frischwassernutzung (Wasserverbrauch)
  • Biodiversität (Verlustrate der biologischen Vielfalt)
  • Landnutzungsänderung (Anbauflächennutzung)

 

Wie setzt sich die Planetary Health Diet zusammen?

Die PHD ist eine pflanzenbasierte Ernährung auf Grundlage von Obst, Gemüse und Vollkorn, die durch Lebensmittel tierischer Herkunft ergänzt wird.
Eine wichtige Rolle wird den Hülsenfrüchten beziehungsweise dem darin enthaltenen pflanzlichen Protein als umweltschonende Alternative zu tierischem Protein zugeschrieben. Für die Versorgung mit ungesättigten Fettsäuren werden pflanzliche Öle und Nüsse empfohlen. Die Empfehlungen beinhalten eine geringe bis moderate Menge an Fisch und Meeresfrüchten, Geflügel sowie keine oder nur geringe Mengen an rotem Fleisch, verarbeitetem Fleisch, zugesetztem Zucker, Weißmehlprodukten und stärkereichem Gemüse wie Kartoffeln, Maniok und Süßkartoffeln.

 

Welche weiteren Strategien unterstützen die globale Ernährungswende?

Neben der Planetary Health Diet hat die EAT-Lancet-Kommission fünf Strategien für die globale Ernährungswende definiert.

1.    Gesündere Ernährung fördern

Die Menschen sollen zu einer gesünderen Ernährungsweise ermutigt werden. Dazu gehören eine verbesserte Verfügbarkeit und ein verbesserter Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln, strengere Vorgaben für die Lebensmittelsicherheit und eine Politik, die den Einkauf aus nachhaltigen Quellen fördert. Neben Werbeeinschränkungen und Ernährungskampagnen ist auch die Erschwinglichkeit guter Lebensmittel entscheidend. Andererseits müssten sich die durch die Lebensmittelerzeugung verursachten Umweltkosten genauso in den Preisen widerspiegeln wie die Produktionskosten. Daher müsste mit höheren Lebensmittelpreisen eine soziale Absicherung einhergehen, um sozial benachteiligte Menschen nicht zurückzulassen.

2.    Qualität und Vielfalt statt Quantität in der Landwirtschaft

Der Fokus der Landwirtschaft sollte weg von hohen Erträgen hin zu einer Vielfalt an nährstoffreichen Nahrungsmitteln gelenkt werden. Statt wenige Kulturen zu fördern, von denen heute ein Großteil an Tiere verfüttert wird, sollte die globale Agrarpolitik Anreize für erzeugende Betriebe schaffen, um nahrhafte, pflanzenbasierte Lebensmittel zu produzieren. Außerdem schlägt die Kommission vor, Programme zur Unterstützung vielfältiger Produktionssysteme zu entwickeln und Forschungsvorhaben zu unterstützen, die die Qualität der Ernährung und die Nachhaltigkeit erhöhen.

3.    Landwirtschaft nachhaltig investieren

Die Investition in die ökologische Landwirtschaft ist ein Schlüsselfaktor. Die Produktion müsste aber nicht nur nachhaltiger, sondern gleichzeitig produktiver werden. Zum Beispiel könnten Ernteerträge durch die Verwendung von trockenheitsresistenten Pflanzen und optimierter Bewässerung gesteigert werden. Die Bodenqualität könnte durch geeignete Anbaumethoden erhöht werden.

4.    Strengere Vorgaben für die Nutzung von Land und Meer

Die Nutzung von Land und Meeren sollte streng reglementiert werden, um die natürlichen Ökosysteme zu erhalten und gleichzeitig die Lebensmittelversorgung zu sichern. Als Maßnahmen schlägt die EAT-Lancet-Kommission zum Beispiel vor, intakte natürliche Landflächen zu schützen, Rodungen zu verbieten und degradiertes Land wieder fruchtbar zu machen. Außerdem sollten 10 Prozent der Meeresfläche für die Fischerei gesperrt werden und Aquakulturen langsam wachsen.

5.    Lebensmittelabfälle halbieren

Die Mehrheit der Lebensmittelverluste geschieht in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen während der Lebensmittelproduktion. Die Gründe: schlechte Ernteplanung, fehlender Zugang zum Markt und fehlende Infrastrukturen, um Lebensmittel zu lagern und zu verarbeiten. Eine erhöhte Investition in Technologien und in die Ausbildung von Landwirten wären hier notwendige Maßnahmen. Dagegen ist Lebensmittelverschwendung in Ländern mit hohem Einkommen ein Thema, wo sie in erster Linie durch den Handel und die Verbraucher*innen verursacht wird. Empfohlen werden Maßnahmen der Verbraucher*innenbildung, zum Beispiel um die Einkaufsgewohnheiten zu ändern oder den Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum zu erklären. Auch das Know-how zur Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln sowie zu Portionsgrößen und zur Verwendung von Resten muss vermittelt werden.


Was sind die Unterschiede zwischen den Ernährungsempfehlungen der PHD und denen der DGE sowie den DGE-Qualitätsstandards?

Schaut man sich die Zusammensetzung der PHD an wird schnell klar, dass diese weitestgehend mit den lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für gesunde Erwachsene und dem „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Betrieben, Behörden und Hochschulen" übereinstimmt. In der folgenden Tabelle werden die Lebensmittelgruppen und Orientierungsmengen für den Verzehr einander gegenübergestellt. Bei diesen Werten handelt es sich nicht um Empfehlungen für die Verzehrmenge einzelner Lebensmittelgruppen, sie dienen nur als Anhaltspunkte.

 

Die dargestellten Lebensmittelmengen unterscheiden sich in der Ausgangssituation der Gesamtkalorienzufuhr pro Tag. Daher sind die Werte der PHD nur bedingt mit den Orientierungswerten für die Lebensmittelmengen (FBDG) und den Orientierungsmengen aus dem DGE-Qualitätsstandard vergleichbar. Bei den Orientierungswerten aus dem DGE-Qualitätsstandard ist auch nicht das Abendessen berücksichtigt.
Bei den Orientierungswerten ist die durchschnittliche Menge pro Tag angegeben, wobei eine Aufteilung in einzelne Portionen pro Woche, z. B. 2 Portionen Hülsenfrüchte, möglich ist. Bei den Orientierungswerten handelt es sich nicht um ein feste Größe, die von den Tischgästen gegessen werden sollte, sondern sie dienen dazu einen groben Anhaltspunkt zu geben. Die Orientierungsmengen sollten je nach Rahmenbedingungen und der Wünsche der Tischgäste für jeden Betrieb individualisiert werden und sich an Ihren Erfahrungswerten orientieren.

Kann man eine weltweite Referenzernährung wie die Planetary Health Diet 1:1 in Deutschland anwenden? Nein, denn die Planetary Health Diet berücksichtigt nicht den Lebensmittelkonsum des jeweiligen Landes, die Energiebedarfe der Bevölkerung, die spezifischen Gegebenheiten wie Wasser, landwirtschaftlich nutzbare Fläche, Klima etc. In den lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland hat die DGE auf Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nationale Gegebenheiten wie Lebensmittelkonsum und Nährstoffdatenbanken für Deutschland berücksichtigt. Dies soll es den Verbraucher*innen einfacher machen, die Empfehlungen in ihrem Alltag zu integrieren.


Die lebensmittelbezogenen Empfehlungen für Deutschland basieren auf den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr und gelten für gesunde Erwachsene (18 – 65 Jahre, für Mischköstler). So kann eine bedarfsgerechte Ernährung erreicht werden, die zur Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen beiträgt und einen nachhaltigeren Lebensstil fördert. „Gut Essen und Trinken – die DGE-Empfehlungen“ und der DGE-Ernährungskreis  sind die offiziellen lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland. Diese wurden kürzlich überarbeitet und Anfang 2024 veröffentlicht. Im „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Betrieben, Behörden und Hochschulen“ sind die vorherigen Empfehlungen berücksichtigt worden. Diese Empfehlungen stimmen im Grundsatz mit den neuen lebensmittelbezogenen Empfehlungen überein und können weiter eingesetzt werden. Der DGE-Qualitätsstandard berücksichtig neben den Aspekten der Gesundheitsförderung auch Aspekte der Nachhaltigkeit. Nähere Informationen finden Sie dazu in Kapitel 3 „Grundlagen einer gesundheitsfördernden und nachhaltigen Verpflegung“.

 

Kann man die Planetary Health Diet mit Hilfe des DGE-Qualitätsstandards umsetzen?

Ja, denn der DGE-Qualitätsstandard berücksichtigt den Kalorien- und Nährstoffbedarf der Zielgruppe und die nationalen Gegebenheiten. Der DGE-Qualitätsstandard unterstützt mit seinen Kriterien auch die fünf Strategien für die globale Ernährungswende:

  • Durch die Ausrichtung des Verpflegungsangebotes nach dem DGE-Qualitätsstandard abgestimmten Nudging- und Kommunikationsmaßnahmen verändert sich die Ernährungsumgebung, die Tischgäste werden zu einer gesünderen und nachhaltigen Ernährungsweise ermutigt und eine gesündere Ernährung wird gefördert.
  • Mit den Kriterien „Saisonales Angebot aus der Region“ und „Verwendung einheimischer Lebensmittel“ werden die Erzeuger*innen aus der Region unterstützt und gleichzeitig hat dies Einfluss auf die Qualität und Vielfalt in der Landwirtschaft.
  • Die Kriterien „pflanzenbasiertes Angebot“ und „Einsatz von ökologisch erzeugten Lebensmitteln“ unterstützt die Strategie „Landwirtschaft nachhaltig investieren“.
  • Durch die Kriterien „Einsatz von Produkten aus fairer Landwirtschaft“, „Fleisch bevorzugt aus artgerechter Tierhaltung“, „Fisch aus bestandserhaltender Fischerei“ und „Produkte ohne Palm(kern)fett, Palm(kern)öl oder Kokosfett bevorzugen“ leistet der DGE-Qualitätsstandard seinen Beitrag zu der Strategie „Strenge Vorgaben für die Nutzung von Land und Meer“.
  • Die fünfte Strategie zur globalen Ernährungswende „Lebensmittelabfälle halbieren“ werden durch die Kriterien „Rückmeldungen zum Speisenangebot werden regelmäßig eingeholt, ausgewertet und Maßnahmen abgeleitet.“, „Wünsche und Anregungen der Tischgäste sind in der Speiseplanung soweit wie möglich berücksichtigt.“, „Der Speiseplan ist zielgruppengerecht gestaltet.“, „Eine gute zeitliche Planung zwischen Küche und Ausgabe wird realisiert.“, „Den Tischgästen werden Einflussmöglichkeiten auf die Portionsgröße geboten.“ und „Speiserückläufe werden getrennt nach Mahlzeiten und Komponenten erfasst und die Ergebnisse für die zukünftige Speiseplanung genutzt.“ unterstützt.

Haben Sie Lust, die Empfehlungen umzusetzen? Dann finden Sie hier die Kriterien für eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Verpflegung für die Mischkost, ovo-lacto-vegetarische und vegane Kost. Diese stellen wir Ihnen auch als Poster zur Verfügung. Rezepte finden Sie in unserer Rezeptdatenbank.